Islamische Offenbarungstheologie religionspädagogisch gelesen
Die schriftbegrifflichen Voraussetzungen einer subjektorientierten und kontextbezogenen Korandidaktik
DOI:
https://doi.org/10.20377/rpb-129Schlagworte:
Korandidaktik, Koranhermeneutik, Koranexegese, islamische Religionspädagogik, islamische Religionsdidaktik, subjektorientierte und kontextbezogene ReligionspädagogikAbstract
Im aktuellen islamisch-religionspädagogischen Diskurs in Europa ist ein Prozess sichtbar, der über die traditionellen gelehrtenzentrierten sowie inhaltsorientierten Bildungskonzepte kritisch reflektiert. Hier wird eine religiöse Bildung und Erziehung angestrebt, die die Subjekte und ihre Lebenswelten ins Zentrum der religionspädagogisch-didaktischen Reflexion stellt. Dabei rückt die Frage in den Vordergrund, auf welchen hermeneutisch-theologischen Grundlagen eine adäquate subjekt- und kontextorientierte Korandidaktik begründet werden kann: Welcher Begriff von Offenbarung/Schrift könnte eine entsprechende Korandidaktik gewährleisten? Welcher hermeneutisch-exegetischer Zugang könnte eine wechselseitige dialogische Beziehung zwischen der Offenbarungsschrift und den gegenwärtigen Subjekten ermöglichen? Diese Fragestellungen bildeten den Gegenstand einer umfassenden Studie. In diesem Beitrag werden einige Ergebnisse dieser Studie vorgestellt. Dabei werden als erstes einige Spannungsfelder im Hinblick auf die Koranrezeption und damit zusammenhängend den jeweiligen hermeneutisch-exegetischen sowie den didaktischen Umgang mit dem Koran in subjekt- und kontextorientierten religiösen Bildungsprozessen aufgezeigt. Anschließend werden der instruktionistische und der kommunikative Offenbarungsbegriff sowie die historisch-kontextuelle Exegese vor dem Hintergrund des beschriebenen Paradigmenwechsels von der Inhaltsorientierung zur Subjekt- und Kontextsensibilität in (organisierten) Lehr- und Lernprozessen mit dem Koran aus religionspädagogischer Perspektive reflektiert und ihre Möglichkeiten und Grenzen für eine entsprechende Korandidaktik diskutiert. Ein Ausblick über die hermeneutisch-theologische Grundlegung einer zeitgemäßen Korandidaktik schließt den Beitrag ab.
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